Im Gespräch mit Luo Tingpeng

Du hast deinen Bachelorabschluss in China gemacht; warum hast du dich entschieden, dein Studium in Deutschland fortzusetzen?

Deutschland eilt ein guter Ruf voraus, nicht nur, was Unternehmen und Produkte angeht, sondern auch in Sachen Bildung. Das war ein wichtiger Faktor für meine Entscheidung. Der andere war meine Neugier. Die meisten chinesischen Studierenden, die ins Ausland gehen, ziehen in die USA, nach Großbritannien oder Australien, aber mich hat Deutschland schon immer interessiert. Am Anfang hatte ich Bedenken wegen der Sprachbarriere und habe deshalb erstmal einen Intensiv-Sprachkurs belegt, der sich im Alltag ausgezahlt hat. Für mein Studium und meine Arbeit reicht Englisch aber vollkommen aus. Nach Deutschland zu ziehen war wirklich eine große Entscheidung für mich und trotz der Ungewissheit war ich mir sicher, dass ich es nicht bereuen würde. Heute, nach sechs Jahren, ist es genau so wie ich es mir vorgestellt habe und ich genieße es die Kultur kennenzulernen und internationale Erfahrung zu sammeln.

 

Wie bist du zum Fraunhofer IAF gekommen?

Nachdem ich eine Weile im Norden von Deutschland gelebt habe, wollte ich wieder zurück in den Süden, indem ich meine ersten Jahre hier verbracht habe. Außerdem habe ich eine Stelle an einem Forschungsinstitut gesucht. Ich möchte zwar eines Tages in der Industrie arbeiten, aber davor ist es, glaube ich, wichtig, an einem Institut zu forschen. Ein Fraunhofer-Institut war für mich die erste Wahl, weil sie trotzdem einen engen Kontakt zur Industrie besitzen. Am IAF habe ich dann ein relativ junges Forschungsfeld gefunden, das mich sofort begeistert hat, weshalb ich mich sofort beworben habe. Heute forsche ich am IAF an Stickstoff-Vakanz (NV)-Zentren in Diamant. Es ist eine noch unreife Technologie, in der es viele grundlegende Dinge zu erforschen gilt, bevor sie ihren Weg in die Anwendung findet. Das macht die Arbeit daran so spannend und es ist ein perfektes Thema für meine Dissertation.

 

NV-Zentren in Diamant haben viele Anwendungsmöglichkeiten. Welche untersuchst du?

Ich erforsche NV-Zentren für die Quantenmagnetometrie. Ein NV-Zentrum ist ein gewollter Defekt in Diamant, der das Material sehr empfindlich für Magnetfelder macht. Dadurch kann es als ein extrem kleiner Sensor benutzt werden. Die Anwendung von einzelnen NV-Zentren ermöglicht die Messung von magnetischen Feldstärken im Nanometerbereich, was zuvor unmöglich war. Außerdem kann Diamant mit einer hohen Konzentration an NV-Zentren auch benutzt werden, um Magnetfelder sehr präzise zu bestimmen. Ein großer Vorteil im Vergleich zu anderen Sensoren ist, dass NV-Zentren auch mit Hintergrundfeldern und bei Raumtemperatur funktionieren, während viele präzise Magnetfeldsensoren auf kryogene Temperaturen gekühlt werden müssen oder die Ausblendung des Erdmagnetfelds erfordern. Das macht NV-Zentren in Diamant zu einem so vielversprechendem Material und ich erforsche dessen mögliche Anwendung in der klinischen Bildgebung.

Meine Forschung befasst sich mit der Charakterisierung des Materials. Also eine praktische Arbeit, bei der mir mein Bachelor-Abschluss in Optoelektronik und mein Master in Optik und Photonik zu Gute kommen. Bei der Charakterisierung untersuche ich nicht nur den Diamant, sondern auch die Anwendung, für die er gedacht ist. Ich suche nach Möglichkeiten, um das Material zu verbessern, damit es bei speziellen Anwendungen noch besser funktioniert. Ich freue mich darauf, wenn in Zukunft Anwendungen in der klinischen Bildgebung realisiert werden können, besonders in Kombination mit der Magnetresonanztomographie (MRT) und der Aussicht, Gehirnwellen messen zu können und damit die Magnetenzephalographie (MEG) zu verbessern.

Junge Frau arbeitet an einem optischen Messaufbau.
© Fraunhofer IAF

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Normalerweise bekomme ich eine Menge an Diamantproben von einer anderen Gruppe am Fraunhofer IAF, die den Diamant selbst wächst. Ich charakterisiere die Proben, was ein langer Prozess ist, da es viele relevante Eigenschaften zu bestimmen gilt. Ich scanne zum Beispiel die Fluoreszenz der Proben, um die Konzentration der NV-Zentren zu bestimmen, und ich analysiere die Absorption, die entscheidend für die Leistung als Laserkavität ist. Unser Ziel ist es, in der Quantenmagnetometrie den Diamant als optisches Laser-Verstärkermedium in einer Laserkavität zu nutzen. Ein anderer Doktorand am IAF macht genau das, indem er die Proben in einer Laserkavität testet. Dadurch erhalte ich wichtiges Feedback für meine Charakterisierung des Materials. Ich vermittle zwischen der Materialentwicklung und der Anwendung, mit dem Ziel, beides zu verbessern.

 

Was ist das Besondere an der Arbeit am IAF?

Im Vergleich zu den Einrichtungen an denen ich zuvor war, ist die Zusammenarbeit am IAF am engsten. Die einzelnen Arbeitsgruppen sind klein und haben alle ihre spezielle Expertise. Wann auch immer ich Hilfe bei einer Sache brauche, die meine Gruppe nicht kann, finde ich immer Kolleginnen oder Kollegen am IAF oder auch in der gesamten Fraunhofer-Gesellschaft, die mir helfen. Die Mitarbeitenden von Fraunhofer sind alle sehr hilfsbereit. Das weiß ich wirklich zu schätzen.

 

Du hast schon in verschiedenen deutschen Städten gelebt, welche hat dir am besten gefallen?

Mit gefällt Freiburg sehr gut. Es ist weder zu groß, noch zu klein, das macht es sehr angenehm. Es ist klein genug, um schnell von A nach B zu kommen, aber gleichzeitig wird es auch nie langweilig. Es gibt viele Events und Aktivitäten – zurzeit leider nicht, wegen Corona. Im letzten Jahr war ich zum Beispiel beim Weinfest, was einfach großartig war. Außerdem hat Freiburg eine wunderschöne Landschaft am Rand des Schwarzwalds und bietet tolle Reisemöglichkeiten in die Schweiz und nach Frankreich.

 

Nachdem sie ihren B.Eng. in Optoelektronik in China absolviert hat, ist Luo Tingpeng 2014 nach Deutschland gezogen, um ihren M.Sc. in Optik und Photonik am KIT in Karlsruhe und dem Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen zu machen. Seit 2018 promoviert sie über NV-Zentren in Diamant für die Quantenmagnetometrie am Fraunhofer IAF.

Weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Fraunhofer IAF im Gespräch

 

»Die Idee, aus den kleinsten Teilchen einen Computer zu bauen, hat meinen Forschergeist geweckt.«

Kathrin König, Promovendin Quantencomputing 

 

»Wir sind immer vor Ort und stehen unseren Mitarbeitenden mit Rat und Tat zur Seite.«

Lena Breuer, Personalabteilung

 

»Es ist ein echter Durchbruch für die Halbleitertechnologie.«

Dr. Stefano Leone, Gruppenleiter Epitaxie

 

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